RÖTHENBACH — Fast auf den Tag genau ein Jahr ist es her, dass für den Birkensee ein Badeverbot verhängt wurde. Im Wasser war eine zu hohe Konzentration von Perfluorierten Tensiden (PFT) nachgewiesen worden (die PZ berichtete mehrfach). Seit Mai darf wieder geplanscht werden – allerdings gilt noch eine „Badewarnung“, denn woher die erhöhten PFT-Werte kommen, ist nach wie vor nicht geklärt. Halten die Badegäste „ihrem“ Birkensee trotzdem die Treue? Springen sie bedenkenlos ins Wasser? Die PZ hat sich vor Ort umgehört.
Das Thermometer zeigt 24 Grad, ein paar harmlose Wölkchen ziehen am Himmel vorbei, glatt und verführerisch liegt der Birkensee da. Gleich daneben allerdings warnt eine kleine Tafel: „Aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes wird empfohlen, auf das Baden, Schwimmen und Tauchen zu verzichten“, ist da zu lesen. Tatsächlich sind im Wasser nur wenige Schwimmer auszumachen. „Wegen der Tenside haben wir überhaupt keine Bedenken, uns ist es heute einfach zu kalt“, meinen zwei Frauen aus Nürnberg gut gelaunt, die es sich samt Hund auf einer Decke am Ufer bequem gemacht haben. „Aber unsere Männer waren schon drin.“
Einer von ihnen ist Ralf Zöbelein. Er steigt gerade aus dem kühlen Nass. Schon seit 32 Jahren kommt er regelmäßig zum Birkensee, „früher sind wir noch mit unseren Mopeds rund um den See gedüst“, erinnert er sich. Ein paar Mal in der Woche ist Zöbelein hier, „an manchen Tagen war heuer wirklich viel los. Mein Eindruck ist, dass die Leute sich von der Warnung nicht abschrecken lassen.“ Wie zum Beweis liegt eine der hölzernen Hinweistafeln gleich daneben umgetreten im Sand. Auch Ralf Zöbelein selbst kümmern die erhöhten PFT-Werte wenig. „Das Wasser ist so wunderbar klar und im See sind kleine Muscheln, das ist ein gutes Zeichen“, meint der Nürnberger. An das Badeverbot im letzten Jahr habe er sich freilich trotzdem gehalten.

„Kein Ausschlag“
Nebenan tanken Evi Werner und Siegfried Kricke aus Fürth nach ihrem Türkei-Urlaub noch etwas Sonne unter heimatlichem Himmel. In ihrem eigentlichen Lieblingsweiher in Kleinsendelbach darf seit kurzem nicht mehr gebadet werden, deshalb sind sie an den Birkensee ausgewichen. Angst haben sie nicht. „Hier schwimmen die Menschen doch seit Jahrzehnten. Und wir haben bisher keinen Ausschlag oder so etwas bekommen“, meinen sie schmunzelnd. Allerdings hätten sie Gerüchte gehört, „dass früher im See mal was versenkt worden ist“. Er sei sogar jahrelang in die Pegnitz gesprungen, erzählt Siegfried Kricke. Jedoch nur so lange, bis er zum ersten Mal die Wasserwerte im Internet abgerufen habe …
Derweil planschen drei kleine Mädchen vergnügt im Wasser. Vanessa Pietsch und Veronika Stütz-Serbes haben vom Uferbereich aus ein wachsames Auge auf ihre Töchter. „Wir machen uns keine Sorgen um die Wasserqualität, Kinder nehmen doch ständig Sand und Dreck in den Mund“, sagen sie. Nach zehn Jahren sind die Schwestern an diesem Tag zum ersten Mal wieder am Birkensee, eine ist dafür extra aus Würzburg angereist, die andere aus Schnaittach. Ihre ersten Freunde haben sie hier kennengelernt, berichten sie mit ein bisschen Nostalgie in der Stimme. Jetzt wollen sie ihren Kindern den See zeigen. „Das kostet nichts und macht Spaß. Sonst kennen die Kleinen ja nur das Schwimmbad.“
Angeln verboten
„Hier ist nicht so viel los wie am Rothsee, deshalb sind wir heute her“, sagen vier junge Leute aus Altdorf. Bedenken wegen PFT haben auch sie überhaupt nicht – zumindest, was das Baden angeht. Doch einer von ihnen ist Mitglied im Fischereiverein. Auf ihn und seine Fischerkollegen hat die Wasserbelastung direkte Auswirkungen: Sie dürfen im Birkensee nicht mehr angeln. „Da sind vor allem Forellen, aber auch Karpfen und Hechte drin“, berichtet der junge Mann, der hier früher öfter die Angel ausgeworfen hat. Fische aus dem Birkensee und dem Röthenbach, die eingefroren zu Hause in der Tiefkühltruhe lagen, mussten sogar entsorgt werden. Denn tatsächlich reichern sich PFT wohl vor allem in Wasserlebewesen an. Sie stehen im Verdacht, Leberschäden hervorzurufen und das Wachstum von Tumoren zu fördern.
Lediglich eine junge Frau aus Nürnberg erzählt an diesem Tag davon, dass sie die Auswirkungen der Schadstoffe möglicherweise am eigenen Leib erfahren hat. „Als ich letztes Jahr im Birkensee baden war, hatte ich danach plötzlich lauter rote Flecken am Körper.“ Eine Woche später habe sie vom Badeverbot erfahren. Sie sei allergisch gegen Tenside in Seifen und Waschmitteln. Ob es tatsächlich die Perfluorierten Tenside waren (diese wurden vor allem am Grund des Sees nachgewiesen), die ihre Beschwerden auslösten? Die junge Frau zuckt mit den Schultern. Testen will sie das Wasser mit ihrer Freundin schon noch einmal, „aber heute ist es uns einfach nicht warm genug“.
Warten auf Mess-Ergebnisse
Die Grundwassermessungen an den eigens gesetzten Pegeln, die das Wasserwirtschaftsamt veranlasst hat, sind übrigens seit kurzem abgeschlossen, wie Günther Häusler vom Landratsamt Nürnberger Land gegenüber der PZ mitteilt. Die Auswertung dauert jedoch an, mit Ergebnissen sei erst im Herbst zu rechnen. Mit der Maßnahme soll herausgefunden werden, ob die Schadstoffe aktuell noch von außen in den See gelangen.
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