NÜRNBERGER LAND – „Wenn solche Verträge die Zukunft der Globalisierung beschreiben, dann wäre das das Ende der sozialen Marktwirtschaft, wie wir sie kennen.“ Damit spricht Thomas Beyer deutlich aus, was die Genossen im Nürnberger Land über Ceta, das Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, denken. Damit ist die SPD im Landkreis auf Konfrontationskurs mit ihrem Bundeschef Sigmar Gabriel.
Dieser beschrieb nämlich „Ceta als einen Schutz vor schlechten Abkommen“ und sprach von „Regeln für die Globalisierung“, die darin aufgestellt werden. Mit letzterem Aspekt kann Martina Baumann, Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Nürnberger Land, gerade noch konform gehen: „Es ist gut, wenn man über solche Verträge die Globalisierung gestalten will und nicht einfach die Firmen machen lässt.“
Ein Musterabkommen ist Ceta für die beiden aber noch lange nicht. Dafür sei noch viel zu tun, meint Baumann: „Prinzipiell Regeln zu schaffen ist wichtig, aber eigentlich müsste sich darum die Welthandelsorganisation kümmern, das sollte nicht in Form von Abkommen zwischen Staaten geschehen.“ Beyer gesteht dem Vertrag zwar zu, dass er „moderner ist als mancher bilaterale Handelsvertrag aus der Vergangenheit“, gut sei er aber deswegen noch lange nicht. Mit solchen Vereinbarungen würden seiner Meinung nach die Interessen eines weltumspannenden Kapitalanlage- und Finanzmarktes die rechtsstaatlich geordneten Wirtschaftsordnung verdrängen.
Er kritisiert vor allem, dass der Kern von Ceta nicht die Abschaffung von Zöllen oder echten Handelshemmnissen ist, sondern die Aushebelung von Regelungen im Bereich Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutz. Betitelt wird das Ganze mit „Investitionsschutz“, der laut Beyer darauf zielen soll, wirtschaftliche Rendite gegen den sozialen Rechtsstaat zu stellen. „Ich lehne das klar und deutlich ab.“
Und damit ist der Genosse im Landkreis nicht allein. Im Gegenteil. „Aus vielen Gesprächen im Bezirk und in den Ortsverbänden weiß ich, dass die hiesige SPD dem Abkommen ablehnend gegenübersteht“, sagt Baumann. Denn mit Ceta würden „Rote Linien, die die SPD definiert hatte“, überschritten werden – da gehe der Landkreis nicht mit. Und nicht nur der. Auf dem SPD-Parteikonvent in Wolfsburg, an dem auch Baumann als eine von vier Vertretern für Mittelfranken dabei war, stimmte die bayerische SPD geschlossen gegen Ceta.
„Positive Grundhaltung“
Hauptgrund waren die Kernarbeitsnormen, also das Mindestalter für den Arbeitseintritt und gleicher Lohn für Männer und Frauen. „Diese Forderungen hat Kanada noch nicht akzeptiert“, erklärt Baumann. Ganz so hart wie Beyer äußert sich die Vorsitzende aber nicht, es habe sich schon einiges zum Guten entwickelt. So wurden die privaten Schiedsgerichte zum Beispiel herausverhandelt. „Der Beschluss der SPD ist jetzt zwar da, aber er ist kein bedingungsloses Ja zu Ceta.“ Er spiegele die „sehr positive Grundhaltung“ bei den Genossen wider, die sich in Wolfsburg nach Schätzung von Baumann 60:40 für das Abkommen aussprachen.
Damit ist das Thema in den Parteitagen und Konventen der SPD vorerst vom Tisch. „Außer Ortsverbände oder Unterbezirke stellen wieder einen Antrag, dass Ceta behandelt wird“, erläutert Baumann. Ob die Landkreis-SPD das tun wird, lässt sie offen. Sie und ihre mittelfränkischen Kollegen hatten jedenfalls an die Genossen eine Erklärung verschickt, warum sie alle gegen die Staatenvereinbarung gestimmt haben. „Da haben wir viel Zustimmung erfahren, denn viele Genossen hier zweifeln an der SPD, weil sie positiv Ceta gegenübersteht.“
Der „elenden Glaubwürdigkeitskrise“ (Beyer) der Volkspartei hilft das vermutlich nur im Landkreis. Was generell dazu nötig wäre, das hatte Beyer als Delegierter auf dem Kleinen Landesparteitag der SPD Mitte Juli in Amberg in einer Rede angesprochen: „Das Eintreten für rechtsstaatlich fragwürdige, in erster Linie Kapitalinteressen stützende Handelsverträge gehört für mich sicher nicht dazu, wenn es gilt, die SPD wieder zur Partei der sozialen Gerechtigkeit und zur Sachwalterin der Interessen der überwiegenden Kreise der Bevölkerung zu machen.“ Für diese klare Meinung erntete der Henfenfelder große Zustimmung der Delegierten.
Eindeutige Position
Ähnlich sieht das auch Baumann: „Bei mir hat sich noch kein Unternehmer gemeldet, dass wir ihn um Chancen bringen, wenn wir Ceta nicht zustimmen.“ Für die Wähler und Genossen hat das Abkommen also viel mit Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu tun. „Meine Überzeugung ist, dass die SPD als relevante politische Kraft nur überleben wird, wenn sie eigene und eindeutige Positionen nicht dem bloßen Willen zum Machterhalt opfert“, bringt es Thomas Beyer abschließend auf den Punkt.
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