RÖTHENBACH — Gestern wurde damit begonnen, Flüchtlinge von den griechischen Inseln in der Ostägäis in die Türkei abzuschieben. Einer, der die Situation der Gestrandeten vor einigen Wochen hautnah miterlebt hat, ist Melih Ünver aus Röthenbach. Der 21-Jährige hatte sich im März auf Lesbos vierzehn Tage lang für eine private Hilfsorganisation engagiert.
Eine Fernsehdokumentation mit dem Titel „Die Schande von Lesbos“ hatte Melih Ünver aufgerüttelt. Noch während er den Beitrag über den Schweizer Michael Räber und dessen Initiative „schwizerchrüz“ sah, war ihm klar: „Da muss ich helfen.“ Schon ein paar Tage später saß der türkischstämmige junge Mann, der für eine Zeitarbeitsfirma tätig ist, im Flugzeug nach Griechenland – natürlich auf eigene Kosten.
Melih Ünvers Aufgabe auf Lesbos war die Erstversorgung der Flüchtlinge, die mit Booten aus der Türkei ankamen. „Viele waren völlig durchnässt und unterkühlt, die mussten wir erst einmal trocknen.“ Er und die anderen Helfer verteilten Decken, Kleidung und Nahrungsmittel. „Das musste alles sehr schnell gehen, da die Menschen sofort mit Bussen in die Lager gebracht wurden“, erzählt Ünver. Überrascht hat ihn dabei die Stimmung unter den Helfern. „Die waren richtig ausgelassen, haben geschrien und geklatscht, wenn ein Boot kam.“ Im Schnitt 200 Flüchtlinge erreichten während der zwei Wochen, in denen er vor Ort war, jeden Tag über die Ägäis die Insel Lesbos. „Bei schlechtem Wetter mussten sie 500 Euro für die Überfahrt zahlen, bei gutem Wetter 2000“, hat Melih Ünver erfahren.
„Menschen, kein Ungeziefer“
Ihm ist ein humaner Umgang mit den Flüchtlingen wichtig. „Das sind doch Menschen und kein Ungeziefer“, sagt er, der nach eigener Aussage einen sehr intensiven Kontakt zu einigen Migranten aufbauen konnte. Dabei habe ihm auch sein muslimischer Glaube geholfen. „Die haben mir sogar etwas von dem wenigen Essen angeboten, das sie hatten.“ Gleichzeitig erlebte er jedoch auch ein Gefühl der Ohnmacht. Denn Ünver wollte nicht nur Decken verteilen, sondern sich auch einmischen, Missstände anprangern. Eine selbst verfasste Rede vor Flüchtlingen im zentralen Lager in Moria durfte er nicht halten, die Polizei verhinderte das. Auch andere Helfer durften seines Wissens nach das staatliche Lager nicht betreten.
Zusammen mit dem Münchener Trauma-Therapeuten Christoph Abend, den er auf Lesbos kennengelernt hat, möchte Ünver nun eine eigene, private Hilfsinitiative auf die Beine stellen und sucht dafür Mitstreiter. „Ich will auch auf jeden Fall wieder nach Griechenland und helfen, vielleicht in Idomeni.“ Auch um den Flüchtlingen dort zu sagen, dass es nichts bringe, in dem provisorischen Lager an der mazedonischen Grenze auszuharren. „Die sollen in die Unterkünfte gehen.“ Sein nächstes Ziel ist eine Demo in Bern am 9. April, wo „schwizerchrüz“ mit einem Infostand vertreten sein wird.
Nähere Auskünfte unter melihuenver95@gmail.com oder christophabend@yahoo.de. Zurzeit ist auch eine Homepage im Aufbau, die unter www.melih-christoph-helping-refugees.com aufgerufen werden kann.
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